Rückgaben häufen sich, Lieferketten haken, Rabatte locken ungewöhnlich früh. In vielen Boutiquen wirkt die Auswahl plötzlich spürbar ausgedünnt für Kundinnen und Händler.
Wer in diesen Tagen Mode einkauft, spürt Nervosität hinter der Ladentheke. Viele Unternehmen kürzen Bestellungen, drehen an Preisen und kalkulieren knapper. Nun zeigt ein prominenter Fall, wie brüchig das Fundament geworden ist.
Was jetzt passiert
Der Betreiber der Dortmunder Modemarke Heimatliebe, die Store Concept GmbH & Co. KG, ist zahlungsunfähig. Das Amtsgericht Dortmund hat am 29. September 2025 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Firma entstand aus der Fusion mit der Paul + Axel Vosschulte GmbH & Co. KG sowie der Store Concept Ost GmbH & Co. KG. Das Geschäftsmodell richtete sich auf schnelle, modische Damenoberbekleidung mit kurzen Zyklen.
400 deutsche Einzelhändler führen Heimatliebe im Sortiment. Viele von ihnen bauen auf schnelle Nachlieferungen und kalkulierbare Margen.
Die Belastungsprobe für die Textileinzelhändler
Mehr als 400 Geschäfte in Deutschland haben Ware von Heimatliebe auf der Fläche. Sie trifft die Insolvenz direkt. Lieferrhythmen können ausfallen, georderte Kollektionen verzögern sich, Planungssicherheit schwindet.
- Lieferfähigkeit: Offene Aufträge könnten stocken oder entfallen.
- Liquidität: Bereits bezahlte Ware steht dem Risiko verspäteter Anlieferung gegenüber.
- Flächenplanung: Lücken auf der Fläche verursachen Umsatzverluste in frequenzstarken Wochen.
- Preisstrategie: Spontane Rabattaktionen belasten die Marge und die Markenpositionierung.
Jede Woche ohne frische Ware kostet Frequenz. Fehlende Größen und Farben drücken die Abschlussquoten im Laden.
Branchenlage und zahlen
Die Branche meldete im ersten Halbjahr 2025 ein Umsatzminus von rund vier Prozent. Mittelständler ächzen unter hohen Energiekosten, steigenden Löhnen und schärferem Wettbewerb durch Onlinehändler. Auch textilnahe Zulieferer, etwa mit Abhängigkeiten von der Automobilindustrie, berichten über rückläufige Abrufe.
Was die Nachfrage bremst
Der Konsum hat sich verschoben. Kundinnen kaufen gezielter und seltener. Rückläufer aus dem Onlinegeschäft verteuern die Logistik. Gleichzeitig erwarten Käuferinnen schnell wechselnde Styles zu stabilen Preisen. Diese Mischung reduziert Spielräume in Einkauf und Kalkulation.
Wofür Heimatliebe stand
Heimatliebe bespielte seit über zehn Jahren das mittlere Preissegment. Die Kollektionen, inspiriert von italienischem Design, entstanden ausschließlich in Italien. Jeden Monat kamen neue Serien. Das Label setzte auf kräftige Farben, prägnante Schnitte und Details mit Wiedererkennungswert. Seit 2016 verzichtete die Marke auf Plastikbügel bei der Präsentation und setzte damit ein Signal in Richtung Nachhaltigkeit.
Warum das Modell ins Rutschen geriet
Die Pandemie ließ Umsätze einbrechen. Margen schrumpften durch Rabattwellen, Logistikkosten und vorsichtigere Einkaufsbudgets. Gleichzeitig verschob sich das Einkaufsverhalten. Viele Kundinnen griffen zu zeitlosen Teilen, statt jede Neuheit mitzunehmen. Das traf ein Konzept, das von Taktung und Trendgeschwindigkeit lebt.
Mögliche szenarien im verfahren
Insolvenz bedeutet nicht automatisch das Aus. Es gibt mehrere Pfade. Ein Investor könnte Teile übernehmen. Der Geschäftsbetrieb kann vorübergehend weiterlaufen. Oder das Gericht ordnet die Abwicklung an, wenn keine tragfähige Perspektive vorliegt.
| Szenario | Auswirkung auf Händler | Auswirkung auf Kundinnen |
|---|---|---|
| Fortführung mit Investor | Lieferungen stabilisieren sich schrittweise | Sortimente bleiben vergleichbar, Verfügbarkeit steigt |
| Teilverkauf von Markenrechten | Umstellungen bei Lieferanten und Preisen | Design und Passformen könnten sich ändern |
| Liquidation | Offene Bestellungen gefährdet, Abverkauf der Restware | Starke Rabatte, danach Wegfall der Marke |
Was Händler jetzt prüfen sollten
- Offene Posten abgleichen: Welche Rechnungen sind bezahlt, welche Lieferungen stehen aus.
- Eigentumsvorbehalt klären: Wo liegt die rechtliche Lage bereits gelieferter Ware.
- Fläche sichern: Ersatzprogramme kurzfristig planen, z. B. NOS-Programme oder Kapselkollektionen.
- Kommunikation vorbereiten: Stammkundinnen proaktiv informieren, ohne Panik zu erzeugen.
Was das für kundinnen bedeutet
Gutscheine gelten bei Insolvenz nicht automatisch. Die Abwicklung hängt vom weiteren Verlauf ab. Wer einen Gutschein besitzt, sollte ihn zügig einsetzen. Umtauschrechte bleiben eine Kulanzfrage, solange der Betrieb läuft. Gewährleistungspflichten bestehen gegenüber dem Verkäufer, also dem Laden, in dem gekauft wurde. Händler behalten diese Pflichten, auch wenn deren Lieferant insolvent ist.
Gutschein heute einlösen statt morgen verlieren: Wer warten muss, riskiert die spätere Ablehnung im Verfahren.
So reagieren einkauf und marketing jetzt klug
Viele Boutiquen nutzen den Moment, um die Sortimentsarchitektur zu straffen. Breite in den Größen, Tiefe in Kernfarben, weniger Streuung über Kollektionsthemen. Wer Abhängigkeiten reduziert, gewinnt Planbarkeit. Parallel kann ein klarer Marketingfokus auf Passform, Material und Pflegevorteile Frequenz erzeugen, ohne sofort Rabatte zu geben.
Kurzfristige hebel im tagesgeschäft
- Storytelling am POS: Outfits fertig präsentieren, Kombis markieren, Impulskauf fördern.
- Bestandsampel: Schnelldreher nachordern, Langsamdreher bündeln und gezielt rotieren.
- Servicevarianten: Reservierungen, Änderungen, Terminshopping erhöhen die Abschlussquote.
Zahlenbeispiel für risikomanagement im laden
Ein Geschäft hat 60 Teile von Heimatliebe mit einem Einstand von je 45 Euro. Der geplante VK liegt bei 89 Euro. Fällt eine Nachlieferung aus, fehlen Größen und der Abverkauf stockt.
- Einstand gesamt: 2.700 Euro
- Geplanter Rohertrag bei 60 Prozent Abverkauf zum VK: 60 × (89 − 45) × 0,6 = 2.640 Euro
- Bei 30 Prozent Abverkauf und anschließend 20 Prozent Rabatt: (18 × 44) + (42 × 35,2) = 792 + 1.478,4 = 2.270,4 Euro
Die Differenz zeigt, wie schnell Margen erodieren, wenn Größenlücken entstehen. Ersatzware mit schneller Verfügbarkeit kann den Rohertrag stabilisieren.
Was hinter den kulissen zählt
Lieferantenbeziehungen entscheiden über Tempo und Flexibilität. Kurze Wege zu Agenturen und Produzenten helfen, wenn ein Label wegbricht. Wer parallel auf lokale Hersteller setzt, verkürzt Nachläufe. Händler, die Zahlungsziele diszipliniert steuern und Bestellzyklen an Frequenzdaten koppeln, halten die Liquidität stabiler.
Begriffe knapp erklärt
Insolvenzverfahren
Das Gericht eröffnet das Verfahren, ein Insolvenzverwalter sichert die Masse und prüft, ob der Betrieb fortgeführt werden kann. Gläubiger melden Forderungen an.
Regelinsolvenz vs. übertragende sanierung
Bei der übertragenden Sanierung übernimmt ein Käufer Vermögenswerte, etwa Markenrechte, Ware oder Verträge. Arbeitsplätze und Lieferstrukturen können dabei teilweise erhalten bleiben.
Für Kundinnen und Händler gilt jetzt: Ruhe bewahren, Ansprüche sortieren, Alternativen aufbauen. Wer seine Zahlen kennt, seine Flächen effizient bespielt und die Kommunikation klar hält, kommt sicherer durch diese Phase. Die Geschichte von Heimatliebe zeigt, wie eng Emotion, Tempo und Verlässlichkeit in der Mode verzahnt sind – und wie schnell ein Riss im System die gesamte Kette erreicht.



Quel conseil pour les clientes qui ont un bon d’achat Heimatliebe acheté en boutique partenaire ? Faut-il l’utiliser très vite, sinon refus possible si la marque est liquidée ? Et côté magasins, comment sécuriser les commandes déjà payées ? Merci pour un éclairage pratiqe.