Krank ab montag, attest erst ab tag 4 oder 5: trifft das auch sie und wer spart 100 millionen euro?

Krank ab montag, attest erst ab tag 4 oder 5: trifft das auch sie und wer spart 100 millionen euro?

Viele Beschäftigte wachen krank auf und zögern: Arzttermin, Bett, Homeoffice? Zwischen Pflichtgefühl und Praxisalltag bleibt oft Unsicherheit.

Jetzt flammt eine alte Debatte neu auf. Der Chef der Kassenärzte schlägt vor, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst ab dem vierten oder fünften Kalendertag vorzulegen. Sein Ziel: weniger unnötige Praxistermine, mehr Entlastung für das System. Arbeitgeber bremsen und warnen vor neuen Lasten. Was steckt dahinter, und was würde sich für sie konkret ändern?

Was sich bei krankschreibungen ändern soll

Heute gilt: Wer länger als drei Kalendertage krank ist, muss eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Arbeitgeber dürfen laut Gesetz die Bescheinigung aber schon ab Tag eins verlangen. Diese Frühabfrage will die ärztliche Selbstverwaltung kippen. Der Vorschlag: Die Ausnahme streichen und die Pflicht zur Vorlage grundsätzlich auf Tag vier oder fünf verschieben.

116 millionen Krankschreibungen pro Jahr, 35 Prozent dauern höchstens drei Tage. Hier setzt der Reformvorschlag an.

Der Gedanke dahinter: Viele Kurzzeiterkrankungen enden, bevor der Stempel auf dem Attest trocken ist. Wer sich selbst für drei bis fünf Tage verantwortlich abmeldet, belastet weder Wartezimmer noch Telefonleitungen der Praxen. Der Stellenwert des ärztlichen Attests steigt, weil es seltener als reiner Vordruck dient.

Was das recht heute verlangt

  • Pflicht zur AU: ab dem vierten Kalendertag der Erkrankung
  • Sonderrecht: Arbeitgeber dürfen die AU früher verlangen
  • Form: elektronische AU (eAU) an Krankenkasse; Arbeitgeber ruft die Daten ab
  • Vergütung: Entgeltfortzahlung bleibt unberührt

Die argoumente der ärzte und die rechnung dahinter

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung rechnet mit großen Effekten. 35 Prozent aller Atteste enden nach maximal drei Tagen. Wenn diese Fälle ohne Arztkontakt auskämen, sinken die Kontakte spürbar. In Summe stünden 1,4 millionen Arbeitsstunden in Praxen frei. Die Kostenschätzung liegt bei rund 100 millionen euro.

1,4 millionen stunden weniger Verwaltungsaufwand – Praxiszeit, die für Diagnostik, Prävention und chronisch kranke Menschen frei wird.

Die Logik: Weniger Kurzzeittermine, weniger Telefonate, weniger Dokumentation. Der Nutzen läge nicht nur bei den Praxen. Beschäftigte sparen Wege, Wartezeiten und den Verlust ganzer Arbeitstage wegen einer 10‑minütigen Bescheinigung. Unternehmen erhalten planbarere Prozesse, wenn Abwesenheiten früh und unkompliziert gemeldet werden.

Was sich in der praxis ändern würde

Beschäftigte melden sich krank, bleiben bis zu vier oder fünf Tage ohne Arztkontakt zu Hause und genesen. Erst wenn die Symptome anhalten, folgt der Weg in die Praxis und die eAU. Telemedizin, Videosprechstunde und digitale Krankschreibung spielen dann ihre Stärken aus: zielgerichtet, wenn es medizinisch notwendig ist.

Heute Vorschlag Pflicht zur AU Konfliktpunkt
AU ab Tag 4, frühere Vorlage auf Anordnung möglich AU erst ab Tag 4 oder 5, kein Vorziehen durch Arbeitgeber spätestens am 4./5. Tag Kontrolle vs. Vertrauen

Warum arbeitgeber nein sagen

Die Arbeitgeberverbände sehen das anders. Sie sprechen von zusätzlicher Belastung, wenn die Pflicht zur frühen Vorlage entfällt. Der Vorwurf: Die Reform löse keine Strukturprobleme, sondern verschiebe sie. Gefordert wird eine schärfere Steuerung der Patientinnen und Patienten – also klare Wege, wer wann wohin geht. Unterstützung kommt für Pläne des Gesundheitsministeriums, Ausgaben gezielt zu senken.

Arbeitgeber warnen: Mehr Selbstatteste könnten Missbrauch begünstigen und Personalplanung erschweren.

Dahinter steht die Sorge, dass Fehlzeiten steigen und Teamabläufe leiden. Führungskräfte wünschen sich weiterhin Flexibilität, in Einzelfällen früh eine AU anzufordern. Diese Option fiele weg. Der Konflikt dreht sich um die Balance zwischen Vertrauen in Beschäftigte und betrieblicher Planungssicherheit.

Was heißt das für sie konkret

Kurz krank zu hause

Sie könnten sich für einige Tage selbst krankmelden. Kein Sprint in die Praxis mit Fieber. Keine vollen Wartezimmer. Die eAU gäbe es erst, wenn sie nicht rasch gesund werden. Das reduziert Kontakte und Ansteckungen – auch für andere.

Auswirkungen auf den lohn

Am Anspruch auf Entgeltfortzahlung ändert sich nichts. Wer arbeitsunfähig ist, behält Lohnfortzahlung bis zu sechs Wochen je Krankheitsfall. Die Frage ist nur, ab welchem Tag das Attest vorliegt. Fristen im Betrieb bleiben zu beachten.

Kontrolle und vertrauen im team

Teams brauchen klare Spielregeln. Meldewege, Erreichbarkeit und Vertretung sollten dokumentiert sein. Arbeitgeber können transparente Leitlinien aufsetzen: ab wann Anruf, wann Rückmeldung, wann Arztkontakt. So entsteht weniger Reibung, wenn viele gleichzeitig ausfallen.

Zahlen, die die debatte prägen

  • 116 millionen ausgestellte Krankschreibungen pro Jahr
  • 35 prozent davon dauern maximal drei Tage
  • bis zu 1,4 millionen Praxisstunden und rund 100 millionen euro Einsparpotenzial
  • pflicht zur eAU bleibt, nur der Zeitpunkt verschiebt sich

Vergleich: wie andere länder kurzzeiterkrankungen regeln

Ein Blick hinaus zeigt Vielfalt. In mehreren europäischen Staaten reicht eine Selbsterklärung für kurze Zeiträume. In Irland und im vereinigten königreich melden sich Beschäftigte bis zu sieben Tage selbst krank. Skandinavische Modelle kombinieren Vertrauen mit Datenmonitoring. Deutschland bewegt sich mit dem Vorschlag in Richtung dieser Praxis – allerdings mit strikter eAU ab Tag vier oder fünf.

Chancen und risiken für das gesundheitswesen

Die Entlastung träfe zuerst Hausarztpraxen. Sie gewinnen Zeit für komplexe Fälle und Prävention. Das kann Wartezeiten für chronisch kranke Menschen senken. Gleichzeitig droht mehr Präsentismus, wenn Beschäftigte ohne Arztkontakt arbeiten, obwohl sie krank sind. Das erhöht Ansteckungsrisiken im Büro und drückt Produktivität.

Weniger Attestpflicht heißt nicht weniger Verantwortung. Klare Regeln im betrieb und realistische Selbsteinschätzung bleiben nötig.

Praxisbeispiel und mini-simulation

Ein betrieb mit 1.000 Beschäftigten meldet im Jahr 10.000 Krankheitstage. Davon liegen 30 prozent in Fällen bis drei Tage. Wenn nur die Hälfte dieser Kurzfälle ohne Arztbesuch auskommt, entfallen rechnerisch rund 1.500 Praxiskontakte. Das spart Wegezeiten, hält Wartezimmer frei und senkt Verwaltungslasten. Gleichzeitig braucht der betrieb robuste Vertretungspläne, damit Ausfälle nicht an einzelnen hängen bleiben.

Was sie jetzt vorbereiten können

  • betriebsvereinbarung prüfen: ab wann AU, welche Meldewege, welche Fristen
  • kontaktwege klären: telefon, messenger, interne portale
  • homeoffice regeln: krank heißt arbeitsunfähig, nicht „arbeiten von zu hause“
  • gesundheit schützen: infektionen auskurieren, keine präsenz aus loyalität
  • vorsorge nutzen: impfungen, ergonomie, stressprävention senken kurzzeitausfälle

Begriffe und hintergrund

eau und au kurz erklärt

Die elektronische AU sendet die ärztliche Meldung an die krankenkasse. Arbeitgeber rufen sie digital ab. Beschäftigte müssen ihren ausfall weiterhin unverzüglich melden. Der Vorschlag ändert die Technik nicht, nur den Zeitpunkt der Pflicht.

patientensteuerung

Gemeint sind klare Zugangswege in die versorgung: Erstkontakt in der hausarztpraxis, digitale Vorprüfung, Terminsteuerung, Notfallstrukturen. Arbeitgeber fordern solche Instrumente, um Praxen zielgerichtet auszulasten und Kosten zu senken.

Worauf kleine betriebe besonders achten sollten

In kleinen teams schlagen zwei krankheitsfälle sofort durch. Dort hilft ein einfacher Bereitschaftsplan: Wer übernimmt Telefon, wer disponiert Termine, wer priorisiert Aufträge. Ein kurzer Leitfaden im intranet oder am schwarzen Brett verhindert Missverständnisse.

Zusätzliche aspekte, die selten mitgedacht werden

Digitale krankmeldungen erleichtern das Verfahren, bergen aber Datenschutzfragen. Klare Berechtigungskonzepte sind Pflicht. Außerdem braucht die reform solide Daten, die Missbrauchsrisiken monitoren, ohne Beschäftigte unter Generalverdacht zu stellen. Pilotphasen mit Evaluation könnten den Weg ebnen und regionale Unterschiede sichtbar machen.

Für beschäftigte lohnt sich eine persönliche Checkliste: Fieber? Ansteckend? Medikamentenbedarf? Wenn ja, frühzeitig ärztlichen Rat einholen – per telefon, video oder vor ort. Wer Vorerkrankungen hat, sollte nicht abwarten. So bleibt die Balance zwischen Eigenverantwortung und medizinischer Sicherheit gewahrt.

2 thoughts on “Krank ab montag, attest erst ab tag 4 oder 5: trifft das auch sie und wer spart 100 millionen euro?”

  1. olivierévolution

    Concrètement, si mon employeur exige l’AU dès le 1er jour aujourd’hui, il ne pourra plus le faire avec la réforme proposée ? Quid des conventions internes et des exceptions ?

  2. Vincentsagesse

    Les “100 millions d’économies”, c’est basé sur quoi exactement ? Si les arrêts courts deviennent plus fréquents ou plus longs, on risque de dépenser bcp ailleurs. Je reste sceptique.

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