Leere Paletten im Lager, ratlose Kundschaft in NRW und ein Team im Wartemodus: Ein regionaler Getränkeanbieter zieht die Reißleine.
Der Getränkehersteller Fruchtwerk Milke steht unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. Nach einem abrupten Lieferstopp bei Rohware ruht die Produktion vollständig, die Zukunft bleibt offen.
Was passiert ist
Das Amtsgericht Arnsberg hat Mitte September das Insolvenzverfahren über Fruchtwerk Milke eröffnet und den Dortmunder Juristen Reinhard Brömmelmeier als vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt. Finanzielle Entscheidungen laufen vorerst über sein Büro. Weil der Hauptzulieferer seit Monaten keine Rohware mehr lieferte und Alternativen wegen hoher Transportkosten unwirtschaftlich erschienen, hat das Unternehmen den Betrieb eingestellt.
Ohne Rohware keine Flaschen auf dem Band: Fruchtwerk Milke hat die Produktion eingestellt, alle Ausgaben prüft jetzt der vorläufige Verwalter.
Unmittelbar betroffen sind 16 Beschäftigte – 14 in Vollzeit, 2 in Teilzeit. Sie erhalten für bis zu drei Monate Insolvenzgeld. Das Unternehmen signalisiert trotz der harten Zäsur einen vorsichtigen Neustartwillen. In Betracht kommt insbesondere die Mosterei als schlanker Kernbetrieb.
Das profil des betroffenen betriebes
- Standort: Bad Sassendorf (seit 2015), Gründung 2014.
- Leistungsumfang: Verarbeitung von rund 1.000 Tonnen Obst pro Jahr.
- Vertrieb: Schwerpunkt Supermärkte in Nordrhein-Westfalen.
- Ausrichtung: Stark regional, mit Aktionen zur Pflege von Streuobstwiesen (z. B. Spenden von Apfelbäumen).
Warum der lieferstopp so hart trifft
Getränkeproduzenten hängen überproportional an stabilen Rohwarenströmen. Fehlt Obst oder Fruchtsaftkonzentrat, steht jede Abfülllinie. Der betroffene Zulieferer belieferte Fruchtwerk Milke über einen langen Zeitraum nicht mehr. Theoretisch ließen sich Rohstoffe aus Ersatzquellen beschaffen. Praktisch sprengen Transportwege und -kosten die Kalkulation, wenn Margen ohnehin schmal sind.
Rohstoffrisiken und transportkosten
Der Obstmarkt ist zyklisch: Ernten schwanken, Qualitäten variieren, Logistikketten müssen punktgenau funktionieren. Steigen Sprit, Löhne, Fracht und Verpackung, kippt die Rechnung schnell. Im Ergebnis schiebt der Einkauf keine Tanks mehr an, wenn der Deckungsbeitrag pro Flasche das Minus nicht mehr auffängt.
Steigende Logistikkosten und knappe Rohware wirken wie eine Zange: Sie drücken die Marge und lähmen die Produktion.
Was das für mitarbeitende und kundschaft bedeutet
Für die Beschäftigten sichert das Insolvenzgeld rückständige Nettoentgelte für bis zu drei Monate ab. Der vorläufige Verwalter prüft parallel, ob ein tragfähiger Betriebsteil fortgeführt werden kann. Für Verbraucherinnen und Verbraucher in NRW können einzelne Sorten kurzfristig aus den Regalen verschwinden, bis Händler auf Ersatzmarken ausweichen.
| Gericht | Amtsgericht Arnsberg |
| Verfahrensstart | Mitte September |
| Verwalter | Reinhard Brömmelmeier (Dortmund) |
| Status | Betrieb eingestellt |
| Belegschaft | 16 Personen (14 Vollzeit, 2 Teilzeit) |
| Perspektive | Neustart denkbar, Fokus auf Mosterei |
Neustart über die mosterei: was realistisch ist
Eine eigenständige Mosterei braucht weniger Kapital als ein breites Getränkeportfolio. Lokale Obstannahme, einfache Verarbeitung und saisonale Abfüllung lassen sich modular hoch- und runterfahren. Der Betrieb könnte auf Lohnmost (pressen im Auftrag für Streuobstwiesen-Besitzer) sowie kleine Chargen für Hofläden und regionale Händler setzen. Entscheidend wäre, Rohware über direkte Verträge mit Landwirtinnen und Initiativen zu sichern.
Regionale wertschöpfung als hebel
Wer näher an der Obstwiese einkauft, spart Frachtkosten und gewinnt Planbarkeit. Kooperationen mit Obstbauvereinen, Schulen und Kommunen können Erntetage, Sammelstellen und feste Anliefertage bündeln. So lassen sich Ausschussquoten senken und die Auslastung der Presse stabilisieren.
Kundinnen in nrw: was sie jetzt tun können
- Restbestände prüfen: Lieblingssorte noch im Markt sichern, solange verfügbar.
- Regional-Alternativen testen: Produkte lokaler Keltereien bieten ähnliche Profile und kurze Wege.
- Pfandflaschen zügig zurückbringen: Liquidität kehrt in den Handel zurück, Kreisläufe bleiben geordnet.
- Rückfragen an den Marktservice richten: Händler informieren über Ersatzprodukte und Liefertermine.
Branchenblick: die kette steht unter druck
Auch außerhalb der Getränkeindustrie reißen Insolvenzen Lücken – jüngst meldete ein Automobilzulieferer mit rund 500 Beschäftigten Insolvenz an. Energiepreise, gestiegene Kreditzinsen und unsichere Lieferketten belasten quer durch die Branchen. Für regionale Produzenten kommt hinzu: Sie können Preisstürme schlechter abfedern als internationale Konzerne, weil Skaleneffekte fehlen.
Begriff erklärt: insolvenzgeld und vorläufige verwaltung
Insolvenzgeld übernimmt für einen begrenzten Zeitraum ausstehende Nettoentgelte – finanziert über die Bundesagentur für Arbeit. Das verschafft Beschäftigten Zeit, während die Verwaltung prüft, ob eine Fortführung oder ein Verkauf machbar ist. Der vorläufige Insolvenzverwalter schützt die Masse, ordnet laufende Verträge und lässt nur Zahlungen zu, die den Betrieb sichern oder den geordneten Rückbau ermöglichen.
Insolvenzgeld schützt Gehälter für bis zu drei Monate, während der vorläufige Verwalter über jeden Euro wacht.
Rechenbeispiel: wenn transportkosten die marge auffressen
Ein fiktives Szenario zeigt das Dilemma: Liegt die Rohware nahe, fallen pro Tonne niedrige Frachtkosten an. Muss der Einkauf auf entfernte Quellen ausweichen, steigen die Transportkosten deutlich. Übersteigt der zusätzliche Aufwand den ohnehin knappen Deckungsbeitrag pro Flasche, produziert der Betrieb mit jeder Palette Verlust und schaltet ab. Genau diese Schwelle melden viele mittelständische Füllbetriebe derzeit als kritisch.
Worauf interessierte achten sollten
Wer Interesse an einer Auffanglösung oder einer regionalen Beteiligung hat, sollte auf Stichworte wie Abnahmegarantien, direkte Obstpartnerschaften und flexible Saisonarbeitsmodelle achten. Solche Elemente senken Fixkosten und stabilisieren Cashflows. Für private Apfelbaum-Besitzer kann Lohnmost eine sinnvolle Option sein: Sie erhalten Saft aus eigener Ernte und stärken zugleich die lokale Verarbeitung.
Ausblick für die region
Bad Sassendorf und das Umland profitieren von kurzen Wegen zwischen Obstwiesen, Presse und Regal. Gelingt es, die Mosterei als kompakten Kern zu reaktivieren, könnten saisonale Produkte und limitierte Editionen den Neustart tragen. Händler in NRW signalisieren häufig Bereitschaft, regionalen Betrieben Regalfläche zu sichern – wenn Lieferfähigkeit und Qualität stimmen. Genau daran entscheidet sich, ob aus dem Stillstand eine zweite Chance wird.



Est-ce que les rayons en NRW vont se vider pour de bon ? On parle d’un arrêt complet: quid des consignes (Pfand) et des retours ? Le marché aura-t-il une marque de remplacement comparable en goût ?
Merci pour l’article, clair et factuel. Courage aux 16 salariés, j’espère que la Mosterei servira de noyau pour un redémarage. Miser localement et réduire la logistique me paraît sensé. Fingers crossed 🙂