Ein frühes Klingeln, ein Stempel um Punkt 7, ein leerer Schreibtisch. Dazwischen verschwinden Stunden aus dem Kalender, auf Kosten aller.
In einer Gemeinde in Latium verdichtet sich der Verdacht auf Arbeitszeitbetrug. Ein Beamter erscheint pünktlich am Terminal, verschwindet danach im Alltag – bis die Finanzpolizei eingreift.
Der fall in Rieti: stempeln und verschwinden
In Rieti registriert ein Gemeindemitarbeiter jeden Morgen seinen Dienstbeginn. Kurz darauf verlässt er das Amt. Zeugen sehen ihn beim Einkaufen, beim Spazieren, im Café. Erst zum Feierabend kehrt er zurück, um auszustempeln. Vorgesetzte mahnen, doch der Mann ändert sein Verhalten nicht. Der Bürgermeister lässt Aufgaben extern erledigen, um Abläufe zu stabilisieren.
Operation „Stempeln und Weglaufen“: Die Finanzpolizei überwacht den Tagesablauf, dokumentiert wiederholte Abwesenheit und greift nach den Ermittlungen zu.
Die Guardia di Finanza begleitet den Beamten, protokolliert Wege, Zeiten und Kontakte. Die Akte wächst, der Vorwurf festigt sich. Nach Abschluss der Maßnahme erfolgt die Festnahme wegen wiederholter Abwesenheit.
So lief die überwachung
- Zeiterfassungen mit Ein- und Ausstempelungen werden abgeglichen.
- Beobachtung außerhalb des Amts dokumentiert privat genutzte Zeitfenster.
- Aufgabenrückstände im Amt werden erfasst, externe Vergaben geprüft.
- Die Ermittlung bündelt Videomaterial, Protokolle, Zeugenberichte.
- Nach Auswertung der Beweise folgt der Zugriff.
Der Verwaltungsapparat hält den Betrieb aufrecht, doch jede externe Beauftragung kostet zusätzliches Geld und Vertrauen.
Parallelen in Bologna und deutschland
Der Fall steht nicht allein. In der Poliklinik Sant’Orsola in Bologna arbeitete eine Krankenschwester in neun Jahren nur sechs Tage. Sie nutzte vorgetäuschte Schwangerschaften und gefälschte Krankschreibungen. Ein Gericht verlangt 129.370 euro Schadenersatz, davon 69.370 euro für unrechtmäßig bezogene Gelder und 60.000 euro für den Imageschaden der Klinik.
Auch in deutschland sorgt Abwesenheit ohne Arbeit für Schlagzeilen: Eine Lehrerin meldet sich seit 2009 dauerhaft krank und erhält weiterhin zwischen 5.000 und 6.100 euro brutto pro Monat. Unterricht erteilt sie nicht.
| Ort | Funktion | Vorgehen | Konsequenz | Zahl/betrag |
|---|---|---|---|---|
| Rieti (Italien) | Gemeindemitarbeiter | Stempelt ein, erledigt Privates, stempelt aus | Festnahme wegen wiederholter Abwesenheit | k. A. |
| Bologna (Italien) | Krankenschwester | Vorgegebene Schwangerschaften, gefälschte Atteste | Schadenersatzurteil | 129.370 euro |
| Deutschland | Lehrerin | Langjährige Krankschreibung ohne Unterricht | Behördliche Verfahren laufen | 5.000–6.100 euro/Monat |
Was arbeitszeitbetrug bedeutet
Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn Beschäftigte Arbeitszeit erfassen, ohne zu arbeiten oder ohne Einsatzbereitschaft am Arbeitsplatz. Dazu zählen falsches Ein- und Ausstempeln, Delegation des Stempelns an Dritte, oder das Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Genehmigung. Im öffentlichen Dienst trifft der Schaden stets die Allgemeinheit.
Disziplinarisch drohen Abmahnung, Gehaltskürzung, Versetzung oder Kündigung. Je nach Rechtsordnung kommen strafrechtliche Vorwürfe in Betracht, etwa Betrug zu Lasten öffentlicher Kassen oder Falschbeurkundung. Verfahren prüfen jeweils den Einzelfall, Beweise und Vorsatz.
Warum systeme versagen und wie man gegensteuert
Zeiterfassungsterminals verhindern Missbrauch nur, wenn sie mit Kontrollen, klaren Regeln und gelebter Führung einhergehen. Lücken entstehen dort, wo Aufsicht fehlt, Verantwortlichkeiten unklar bleiben oder Hinweise versanden.
Maßnahmen für verwaltungen
- Klare Dienstvereinbarungen: Was gilt als Arbeitszeit, was als Bereitschaft, welche Wege sind privat.
- Digitale Zeiterfassung mit Standort- oder Netzwerkprüfung am Arbeitsplatz.
- Zufällige Präsenzchecks durch Führungskräfte mit Protokoll.
- Vier-Augen-Prinzip bei kritischen Aufgaben, damit Rückstände sichtbar werden.
- Hinweisgebersysteme, die anonym, sicher und dokumentiert arbeiten.
- Auswertungen: Abgleich von Terminals, Kalendern, Auftragsstatus, Bürgeranfragen.
- Schulung von Teams zu Pflichten, Sanktionen und fairer Vertretungsregelung.
Checkliste für beschäftigte
- Stempeln immer selbst, sofort und am vorgesehenen Gerät.
- Private Erledigungen nur nach Genehmigung und korrekt erfasst.
- Bei mobiler Arbeit: Einsatzzeiten, Orte und Aufgaben dokumentieren.
- Unklarheiten früh mit der Führungskraft klären und schriftlich festhalten.
Risiken für kommunen und steuerzahlende
Langfristige Fehlzeiten erzeugen versteckte Kosten: externe Vergaben, Überstunden in anderen Teams, längere Bearbeitungszeiten bei Anträgen. Das Vertrauen der Bürger sinkt, wenn Leistungen ausbleiben. Die Verwaltung verliert Know-how, wenn Aufgaben liegen bleiben und Vertretungen dauerhaft improvisieren.
Jede nicht geleistete Stunde verzögert Entscheidungen, verschiebt Fristen und schwächt das Vertrauen in staatliche Verlässlichkeit.
Zahlen mit blick auf den geldbeutel: beispielrechnung
Angenommen, eine Gemeinde beschäftigt einen Sachbearbeiter mit 2.900 euro brutto pro Monat. Die Vollkosten inklusive Sozialabgaben, Arbeitsplatz, IT und Verwaltung liegen erfahrungsgemäß höher. Rechnet man konservativ mit 4.200 euro Vollkosten, ergeben sich bei 20 Arbeitstagen rund 210 euro pro Tag.
- Fehlen 10 Tage unentdeckt, entstehen rechnerisch 2.100 euro Blindkosten.
- Kommen externe Leistungen für 65 euro pro Stunde hinzu, steigen die Gesamtkosten rasch an.
- Verzögerungen bei Genehmigungen verursachen Folgekosten bei Bürgern und Unternehmen.
Diese Kalkulation variiert je nach Tarif, Region und Aufgabenprofil. Sie zeigt, warum saubere Zeiterfassung und frühe Kontrollen unerlässlich sind.
Wie du als bürgerin oder bürger reagieren kannst
Wer über lange Wartezeiten, unerledigte Anliegen oder wiederholte Nichterreichbarkeit stolpert, sollte den Vorgang dokumentieren: Datum, Aktenzeichen, Kontaktversuche. Eine sachliche Nachfrage bei der Dienststellenleitung schafft Transparenz. Kommunen bieten oft Beschwerdestellen oder Ombudsleute an. Hinweise gehören dorthin, nicht in soziale Medien.
Für Beschäftigte gilt: Missstände ansprechen und Wege nutzen, die der Rechtsrahmen vorgibt. Hinweisgeberschutz schützt vor Repressalien, wenn Meldungen begründet und korrekt platziert sind.
Was der fall für die zukunft bedeutet
Die Kombination aus digitaler Zeiterfassung, Führung vor Ort und nachvollziehbaren Prozessen begrenzt Missbrauch. Erfolgreich wird das nur, wenn Daten genutzt werden: Regelmäßige Auswertungen, Gespräche über Abweichungen, klare Konsequenzen und ein Klima, das Leistung anerkennt. So bleibt Vertrauen intakt, und die Verwaltung liefert, was Bürger erwarten.



Spannend und frustrierend zugleich: In Rieti stempelt er um 7, verschwindet, und am Ende zahlen wir alle. Der Bologna-Fall mit 129.370 Euro zeigt, wie teuer das wird. Whistleblowing klingt sinnvoll, aber wer schützt die, die melden? Ohne klare Führng und echte Kontrollen bleibt das nur Papier.