Polarlichter über euch: wann ihr in Schleswig-Holstein, MV und Brandenburg bei kp 6–7 Farben seht

Polarlichter über euch: wann ihr in Schleswig-Holstein, MV und Brandenburg bei kp 6–7 Farben seht

Der Himmel wirkt heute ungewöhnlich lebendig, Messwerte steigen, Kameras warten bereit – und viele blicken gespannt nach Norden heute Nacht.

In Teilen Nord- und Ostdeutschlands stehen die Chancen auf sichtbare Polarlichter gut. Nach klaren Stunden in der Nacht zu Sonntag meldeten Beobachter aus dem östlichen Brandenburg farbige Bögen; sogar der Komet Lemmon (C/2025 A6) zeigte sich. Der Deutsche Wetterdienst erwartet auch in der Nacht zu Montag längere Wolkenlücken – vor allem zwischen Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Im Nordwesten bremsen dichtere Wolken, und in der Nacht zu Dienstag überwiegt voraussichtlich landesweit Bewölkung.

Warum das Nordlicht jetzt bis Deutschland reicht

Nordlichter entstehen, wenn die Sonne geladene Teilchen in großen Wolken ausstößt. Diese treffen nach ein bis zwei Tagen auf das Magnetfeld der Erde. Dabei lenken Feldlinien die Teilchen polwärts, wo sie in großer Höhe mit Sauerstoff- und Stickstoffatomen wechselwirken und Licht aussenden. Je stärker die Sonnenaktivität und je energiereicher der Teilchenstrom, desto weiter nach Süden verlagert sich der Aurora-Gürtel. Dann rückt auch Deutschland zwischen dem 47. und 55. Breitengrad in den Sichtbereich.

Historische Messreihen zeigen, wie weit das gehen kann: 1859 flammten Nordlichter bis an den 20. Breitengrad auf und waren sogar über Hawaii und der Karibik sichtbar. Solche Extremereignisse bleiben selten. Deutlich häufiger erreicht die Aktivität Stärken, bei denen die Aurorazone Mitteleuropa streift – so wie jetzt.

Größte Erfolgsaussicht: Nacht auf Montag im Norden und Osten, fern von Stadtlicht, Blick nach Norden bei klarem Himmel.

Wo ihr heute Chancen habt

Die beste Mischung aus klarer Luft und geringer Bewölkung zeichnet sich für den Nordosten ab. Wer flexibel ist, plant eine kurze Fahrt ins Umland und meidet künstliche Lichtquellen.

  • Schleswig-Holstein: Gute Chancen abseits der Städte, besonders an der Westküste und im Binnenland mit freiem Nordhorizont.
  • Mecklenburg-Vorpommern: Weite, dunkle Gebiete bieten ideale Bedingungen; Küstennebel im Blick behalten.
  • Brandenburg: Bereits in der Vornacht gemeldet; ländliche Regionen im Osten und Süden begünstigt.
  • Berlin und Umgebung: Stadthimmel zu hell; Stadtrand oder Spreewald/Fläming ansteuern.
  • Niedersachsen/Bremen/Hamburg: Im Nordwesten ziehen Wolkenfelder durch; Kurzfenster sind möglich, bleiben aber unsicher.

Wetter und Bewölkung

Am späten Abend und in der zweiten Nachthälfte öffnen sich zwischen Nord- und Ostsee wiederholt Wolkenlücken. Der DWD spricht von trockeneren Luftmassen und guter Fernsicht. Südlich davon dämpfen Wolken die Aussicht. In der Nacht zu Dienstag nehmen die Wolken laut Prognosen verbreitet zu, die Chancen sinken.

Wer erst Dienstag Zeit hat, braucht Glück: verbreitet zu viele Wolken, nur kurze Aufhellungen denkbar.

So haltet ihr das Leuchten fest

Mit bloßem Auge wirken Polarlichter hierzulande oft milder und graugrün. Kameras verstärken Farben, weil der Sensor länger Licht sammelt.

  • Stativ und Selbstauslöser nutzen, damit nichts verwackelt.
  • Weitwinkelobjektiv, Blende so weit wie möglich öffnen (f/1.4–f/2.8).
  • Belichtungszeit 5–15 Sekunden testen; bei schwachem Leuchten bis etwa 10 Sekunden oft ideal.
  • ISO zwischen 800 und 3200 wählen; nach Rauschen und Helligkeit abstimmen.
  • Manuell auf unendlich fokussieren; vorher an einem hellen Stern scharfstellen.
  • RAW-Format aktivieren, Weißabgleich neutral einstellen.
  • Smartphone: Nachtmodus, Stativ, Timer; viele Geräte erlauben 4–10 Sekunden Belichtung.

Wohin schauen und wann

Richtet den Blick zum Nordhorizont, leicht erhöht stehende Standorte helfen. Der Zeitraum vom späten Abend bis in die zweite Nachthälfte bringt erfahrungsgemäß die besten Fenster. Kurze Aufhellungen erfordern Geduld: Plant 30–60 Minuten an einem dunklen Ort ein und dimmt Taschenlampen auf Rotlicht, um die Dunkeladaption der Augen zu erhalten.

Region Wolkensituation Blickrichtung Sichtfenster
Schleswig-Holstein häufige Lücken N bis NO später Abend bis zweite Nachthälfte
Mecklenburg-Vorpommern oft klar N bis NO später Abend bis zweite Nachthälfte
Brandenburg längere Klarsicht N später Abend bis zweite Nachthälfte
Nordwestdeutschland wechselnd bewölkt N kurze Zwischenfenster möglich

Wissenschaftlicher blick: kp-wert, breitengrade und farben

Der Kp-Index beschreibt die weltweite geomagnetische Aktivität auf einer Skala von 0 bis 9. Für Deutschland braucht es häufig Kp-Werte um 6 bis 7, damit der Polarlichtoval weit genug nach Süden reicht. Bei Kp 5 lassen sich gelegentlich schwache Bögen am Nordhorizont erahnen; darüber steigt die Sichtbarkeit rasch.

Farben entstehen durch unterschiedliche Höhen und Atome: Sauerstoff kann in rund 100–150 Kilometern grünlich leuchten, in größeren Höhen rötlich. Stickstoff sorgt für violette und rötliche Säume. Weil Sensoren Licht sammelt, erscheinen diese Töne auf Fotos stärker als mit dem Auge. Die erwähnte Langzeitbelichtung von rund zehn Sekunden verstärkt den Effekt deutlich, ohne Sterne übermäßig zu Strichen zu ziehen.

Komet lemmon als bonus

Wer bereits draußen ist, hält auch nach Komet Lemmon (C/2025 A6) Ausschau. Er zeigt sich bei dunklem Himmel mit Fernglas als diffuser Fleck. Ein freier Horizont und etwas Geduld helfen; starke Lichtverschmutzung überstrahlt ihn schnell. Polarlicht und Komet passen gut in Weitwinkelaufnahmen, wenn der Himmel klar bleibt.

Mehrwert für die Nacht: praktische Tipps und Hintergründe

Lichtverschmutzung entscheidet oft über Erfolg und Misserfolg. Eine kurze Fahrt von 15 bis 30 Minuten kann den Himmel deutlich abdunkeln. Landstraßenrand oder Autobahnrastplätze sind ungeeignet: Parkt sicher auf ausgewiesenen Flächen, nutzt Warnweste, und vermeidet Blendlicht. Warme Kleidung, Thermoskanne und Powerbank verlängern die Beobachtungszeit, ohne Komforteinbußen.

Geomagnetische Stürme wirken nicht nur optisch. Bei kräftigen Ereignissen stören sie Funkverbindungen, Navigation und Satelliten. Netzbetreiber überwachen Lastflüsse, Piloten passen Routen an, wenn Messwerte klettern. Für den Alltag bedeutet das in Mitteleuropa meist keine Einschränkungen – das Schauspiel am Himmel bleibt der auffälligste Effekt.

2 thoughts on “Polarlichter über euch: wann ihr in Schleswig-Holstein, MV und Brandenburg bei kp 6–7 Farben seht”

  1. thierrymémoire

    Bei kp 6–7, ab wann heute Nacht in Schleswig-Holstein realistisch? Eher 22–01 Uhr oder später? Ich wohne bei Husum mit freiem Nordhorizont, aber ein paar Wolken ziehen durch. Lohnt es sich draußen zu bleiben oder lieber Kurzfenster checken? App-Empfehlung für Live-Alarm?

  2. Danke für die Foto-Tipps! Hab letztes Mal mit f/1.8, ISO 1600 und 8 s gute Ergebnisse bekommen. Der Hinweis auf Rotlicht fürs Auge ist Gold wert. Endlich kein verwaschener Fokus mehr dank manuellem Unendlch.

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