Viele von euch kennen jede Melodie auswendig, doch der Name entfällt. Ein Magier, Paris, ein Winterlied – klingelt’s? noch heute?
Ein Zeichentrickfilm von 1997 verband russische Geschichte, düstere Magie und eine Prinzessinnen-Suche – und prägte unzählige Kindheiten. Er kam nicht von Disney, war aber in vielen Wohnzimmern neben Arielle und Aladdin im Regal. Die Rede ist von Anastasia.
Der film, der euch prägte – und den viele verdrängt haben
Wer in den 90ern groß wurde, erinnert Szenen wie einen Traum. Grüne Zauberfunken. Eine Zugfahrt durch den Schnee. Ein Ballsaal in Paris. Doch oft rutscht der Filmtitel weg. Anastasia war 1997 ein weltweiter Erfolg und zugleich ein Sonderfall: Prinzessinnen-Erzählung, Musicalnummern, Sidekicks – aber kein Disney-Produkt.
Kein Disney-Film – und doch fester Teil der Kindheit vieler 90er-kinder.
Worum es geht – jenseits der Nostalgie
Die Handlung kreist um die verschollene Zarentochter. Nach dem Sturz der Romanows wächst die junge Anja ohne Erinnerung an ihre Herkunft auf. Ein gewitzter Gauner namens Dimitri wittert Ähnlichkeit zur Prinzessin und will mit ihr zur Großmutter nach Paris. Währenddessen wirkt der finstere Rasputin aus dem Schatten und hetzt seine Magie gegen das Duo. Daraus entsteht ein Roadmovie mit Tanznummern, Humor und einem ungewohnt düsteren Ton für ein Kinderpublikum.
Dunkel, aber zugänglich: ein Märchen mit Gruselrand – und genau deshalb im Gedächtnis geblieben.
Kein disney, sondern Don Bluth: wie der hit entstand
Hinter dem Film stand Animationsveteran Don Bluth, einst bei Disney, dann Gründer eines eigenen Studios. Aus seiner Werkstatt stammen zuvor Feivel, der Mauswanderer, Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH sowie In einem Land vor unserer Zeit. Für Anastasia arbeitete Bluth Mitte der 90er mit den Fox Animation Studios – ein Schritt, der den Produktionsstil prägte: detailreiche Hintergründe, klassisches Zeichnen, punktuell digitale Effekte.
Der Kassenerfolg war messbar. Weltweit spielte der Film rund 140 Millionen US‑Dollar ein. Viele Eltern staunten zudem über die Starstimmen im Original: Meg Ryan, John Cusack, Christopher Lloyd und Angela Lansbury gaben den Figuren Kontur. Musikalisch lieferte das Team um Lynn Ahrens und Stephen Flaherty Ohrwürmer – inklusive einer Oscar-Nominierung für den Song Journey to the Past. Auch der Score von David Newman wurde nominiert.
140 millionen dollar Boxoffice, zwei Oscar-Nominierungen, ein Platz in eurer Erinnerungsschublade.
Zwischen geschichte und märchen: warum die erzählung wirkt
Der Stoff lehnt sich an echte Ereignisse an: die Russische Revolution, der Fall der Romanows, der Mythos um eine überlebende Anastasia. Das Drehbuch romantisiert und mischt Fantasie hinzu – ein Kniff, der die Realität nicht wiedergibt, dafür Emotionen transportiert. Rasputin fungiert als übernatürlicher Gegenspieler. In Wahrheit war er ein umstrittener Wanderprediger, der 1916 ermordet wurde. Berühmt wurde auch die Hochstaplerin Anna Anderson, die in Deutschland und den USA lange behauptete, die echte Anastasia zu sein. Der Film greift diese Sehnsucht nach Identität auf: Wer bin ich, wenn mir die Vergangenheit fehlt?
Gerade diese Themen lassen die Geschichte auch 28 Jahre später funktionieren. Kinder sehen Abenteuer, Musik und Humor. Erwachsene lesen Zwischentöne: Trauma, Erinnerung, Neuanfang. Das Doppelpublikum machte den Film damals anschlussfähig und verleiht ihm heute Rewatch-Qualität.
Wo ihr Anastasia heute schauen könnt
Die Ironie der Geschichte: Produziert bei Fox, liegt der Film inzwischen unter dem Dach von Disney – und streamt in Deutschland bei Disney+. Dort findet ihr den Film in der Flatrate. Wer mag, wechselt in die Originalfassung wegen der prominenten Stimmen oder singt in der deutschen Synchronfassung vertraute Melodien mit.
Jetzt bequem streamen: Anastasia ist in Deutschland bei Disney+ abrufbar.
- FSK: ab 6 Jahren – einzelne Szenen mit Gruselatmosphäre
- Empfehlung: Originalfassung wegen Meg Ryan, John Cusack, Christopher Lloyd, Angela Lansbury
- Spin-off: Bartok – der großartige Held (1999) mit der weißgefiederten Fledermaus
- Tipp für Familien: Jüngere Kinder auf Rasputins Erscheinungen vorbereiten
Zahlen, fakten, kleine überraschungen
| jahr | ereignis |
|---|---|
| 1997 | Kinostart, weltweites Einspiel rund 140 Mio. US‑Dollar |
| 1998 | Oscar-Nominierungen: Bester Song (Journey to the Past), Beste Musik (Komödie/Musical) |
| 1999 | Spin-off Bartok – der großartige Held erscheint |
| 2017 | Broadway-Musical-Adaption mit neuen Songs und überarbeiteter Dramaturgie |
| 2018 | Deutsche Musical-Produktion in Stuttgart nimmt das Thema auf |
Warum die figurendynamik bis heute nachhallt
Dimitri als charismatischer Trickser kündigt einen Typus an, den moderne Animationsfilme später häufig nutzten: charmant, frech, letztlich loyal. Die Sidekicks – Pooka der Hund und Fledermaus Bartok – sorgen für Rhythmuswechsel zwischen Spannung und Heiterkeit. Und Anastasia selbst ist kein passives Prinzesschen, sondern eine junge Frau mit Witz, Widerstandswillen und klarer Stimme. Diese Kombination hält die Erzählung lebendig.
Für euren rewatch: so holt ihr mehr aus 94 minuten heraus
- Auf die Bildsprache achten: Paris wird wie eine Bühne inszeniert, Russland als frostiges Erinnerungsland.
- Den Score bewusst hören: Wiederkehrende Motive spiegeln Anjas Suche nach Identität.
- Mit Kindern sprechen: Was macht Angst? Worum geht es bei Erinnerung und Familie?
- Zwischen Deutsch und Original wechseln: Figurennuancen werden hörbar.
Wer heute neu schaut, sieht einen Coming-of-Age-Film, verkleidet als Märchenreise.
Einfluss und erbe: mehr als nostalgie
Anastasia gehört zu einer Welle nicht-digitaler Spätwerke des Zeichentricks, die gegen Disneys Dominanz antraten. Neben DreamWorks’ Der Prinz von Ägypten oder Brad Birds Der Gigant aus dem All markiert der Film den Übergang in eine Phase, in der Studios jenseits von Burbank erzählerisch riskierten und Themen erwachsener anpackten. Dass Anastasia heute bei Disney+ landet, zeigt, wie Firmenkäufe Kataloge umsortieren – Inhalte wandern, Erinnerungen bleiben.
Wer nach dem Rewatch weiterziehen will, findet passende Nachbarfilme: Feivel, der Mauswanderer (für Migrations- und Familienmotive), In einem Land vor unserer Zeit (Freundschaft und Verlust), Der Prinz von Ägypten (Geschichte und Musiktheater). So entsteht ein Themenabend, der Nostalgie mit Gesprächstiefe verbindet.
Mini-check: wie viel weißt du noch?
- Welche Stadt markiert den Wendepunkt der Geschichte?
- Wie heißt der Hund, der Anastasia begleitet?
- Welcher Song bekam die Oscar-Nominierung?
- Was treibt Dimitri an – und wie verändert sich sein Ziel?
Zusatznutzen für Eltern: Wer sich fragt, ob der Film für jüngere Kinder passt, kann eine kurze Probeszene wählen – etwa eine frühe Begegnung mit Rasputins Magie. Reagiert das Kind gelassen, steht dem gemeinsamen Abend wenig im Weg. Auch spannend ist ein kleiner Faktenblock zur echten Geschichte der Romanows. Er hilft, Fiktion von Realität zu trennen und weckt Neugier auf Geschichte, ohne den Zauber des Films zu nehmen.
Wer Lust auf eine andere Perspektive hat, kann das Bühnenmusical ansteuern. Es erweitert Figuren, verschiebt Schwerpunkte und fügt neue Lieder hinzu. So wird aus einer bekannten Erzählung eine frische Erfahrung – mit derselben Kernfrage: Wie findet man zu sich selbst, wenn die Vergangenheit fehlt?



Je l’avais totalment oublié… puis la mention de Paris et des étincelles vertes m’a frappé direct. J’étais gamin, Rasputin me flippait, mais les chansons, wow. Je pensais sincerement que c’etait Disney ! Merci pour la piqûre de nostalgie.